"Jannik-Willems-Wetter" bringt den Derbysieg

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(ct) Ach, liebe Leser, ist es nicht eigentlich schön, dass unsere zweite Mannschaft in der Kreisliga D spielt? Eben diese Tatsache verdanken wir Jahr für Jahr das Derby, dass es auf Ebene der Erstvertretungen schon länger nicht mehr gab (außer im VG-Pokal natürlich). Dieses Derby gegen den SV Kell hatte unsere Reserve also vor der Brust – und siehe da: neben „Tabellenführer“ dürfen wir uns nun auch „Derbysieger“ nennen.

Manche Spiele sind einfach besonders. Egal ob als Fan, Trainer oder Spieler des TuS Schillingen gibt es viele „Derbys“ hier in der Umgebung. Ganz gleich ob es gegen Zerf, Mandern, Gusenburg oder Schöndorf geht, schnell wir das „D-Wort“ ausgepackt und ein wenig inflationär benutzt. Auf Ebene der Kreisliga A und der 1. Mannschaft mag das auch funktionieren, denn hier hat man höchstens 2-4 solcher Spiele pro Saison, aber bei der Zweiten bringen alleine die Mannschaften, die der gleichen Liga zugehörig sind eine Vielzahl von eben diesen Partien mit sich. Aus allen diesen „Derbys“ sticht eines jedoch heraus: das gegen den SV Kell. Ich denke keiner wird mir widersprechen, dass es kein Spiel in der Saison gibt, auf das man heißer sein kann, als auf dem heimischen Sportplatz gegen den Erzrivalen anzutreten.

Wir hatten also unfassbaren Bock auf das Spiel. Diese Vorfreude ließen wir uns auch vom zugegebenermaßen hundsmiserablen Wetter nicht vermiesen, denn wenn Fritz Walter uns diese Aufgabe von oben geben wollte, dann mussten wir auch diese annehmen. Statt wie am 04. Juli 1954 Toni Turek, Josef Posipal, Werner Liebrich, Werner Kohlmeyer, Karl Mai, Horst Eckel, Helmut Rahn, Max Morlock, Ottmar Walter, Fritz Walter und Hans Schäfer lauteten die Namen heute Usen im Tor; Blackbeard, Steines, Rainer und Nici in der Abwehr; Joshi, Olla, Wubbel, Luca und Jannik im Mittelfeld und Marius im Sturm. Kleidungstechnisch gab es den wohl größten Unterschied zum Finale von  1954: Statt wie üblich in Rot oder in einem historisch angehauchten Weiß traten wir in den schwarzen Trikots an.

Ob es an hierdurch verursachten Orientierungsproblemen, Nervosität oder doch dem Platz und dem Wetter geschuldet war, dass wir den Start in die Partie verpennten und dem Gegner überließen, das kann schlussendlich jeder für sich entscheiden. Auf jeden Fall war das Spiel von Anfang an nicht wirklich schön anzusehen. Beide Mannschaften lieferten sich viele Fehlpässe und konzentrierten sich auf lange Bälle, die auf dem extrem nassen Rasen aber schließlich viel zu schnell wurden um sie zu verarbeiten. Erst die erste Unachtsamkeit des Gästekeepers lud uns zu unserer ersten Chance ein. Leider hatte Jannik noch nicht die richtige Justierung in seinen Schuhen gefunden, der Ball ging knapp über das leere Tor.

Wenigstens hatten wir mal ein Lebenszeichen von uns gegeben. So wirklich wollte auch keine Derbystimmung aufkommen, dafür waren einfach zu wenige strittige oder grenzwertige Szenen und auch Torchancen im Spiel. Das Spiel hatte also eine Eigenschaft inne, die man eigentlich lieber vom Wetter hätte erwarten können: es plätscherte vor sich hin. Nach einer knappen halben Stunde musste der unkaputtbare Rainer dann doch aufgrund einer offenen Lippe vom Feld, er kam jedoch postwendend wieder zurück. Kurz darauf spielten wir uns zum ersten Mal selbst eine Chance heraus: Nachdem sich Marius schön außen durchgesetzt hatte und den Ball nach innen gab, war dieser Raum jedoch vollkommen verwahrlost und dementsprechend konnte keiner unserer Spieler zum Abschluss kommen.

Dann wurde es hektisch: Nach einem wunderbaren Pass aus der Abwehr kam der Keeper der Gäste aus seinem Tor und Luca versuchte ihn zu überwinden, was dieser mit den Händen verhinderte. Da er sich jedoch außerhalb des hierfür vorgesehenen Bereiches befand, bekam Kell die rote Karte und wir einen Freistoß in aussichtsreicher Position. Dieser war auch eigentlich gut geschossen, doch der neue Torwart der Gäste konnte überraschenderweise parieren. Das gleiche Bild zeigte sich bei einer Chance für Marius, bei der man wirklich hätte vergessen können, dass da eigentlich kein Keeper im Tor steht.

Wir wurden nun besser, hatten die Chancen auf unserer Seite. Was passt beim TuS Schillingen 2 in genau einer solche Phase am besten? Richtig, ein Gegentor. Dieses bekamen wir schließlich in der 44. Minute. Fußballexperten werden hier sicher von einem „psychologisch ungünstigen Zeitpunkt“ sprechen, aber um es mit den Worten eines in dieser Woche 64 Jahre alt gewordenen, inzwischen nicht mehr kokainsüchtigen Trainers zu sagen: „Man muss an dieser Stelle auch einmal die Frage stellen, ob es Gegentore gibt, die zu einem psychologisch günstigen Zeitpunkt fallen.“ Wir gingen also mit einem 0:1-Rückstand in die Pause.

Nun zu einem der Hauptdarsteller dieses Spieles: Nachdem er sich in der ersten Halbzeit zwischenzeitlich ausruhen durfte, kam Jannik in altbewährter „Tobi-Geisen-Manier“ wieder zurück und durfte wieder mitwirken. Scheinbar schien eben dieser langsam den Fritz Walter in sich zu entdecken und nahm sich den Witterungsverhältnissen und dem Gegner an. Die Chancen wurden nun mehr, doch wir standen zu oft entweder im Abseits (Luca und Marius, ich verlinke euch gerne ein You-Tube-Tutorial, wie man nicht ins Abseits läuft) oder scheiterten am Torhüter oder uns selbst.

Dann kam die 69. Spielminute: in einer 1998-er Kombination sah Blackbeard den sich am anderen Spielfeldrand davonstehlenden Jannik. Auch durch eine Fehleinschätzung des Schlussmannes der Keller fand dieser sich nun vor dem leeren Tor wieder und musste nur einschieben. Noch 20 Minuten zu gehen, 1:1, Überzahl – das Momentum sollte eigentlich ganz klar auf unserer Seite sein. Paradoxerweise wurde das Spiel hierdurch nicht wirklich besser (was allerdings auch an den schwindenden Kräften des Gegners liegen konnte). Wir kamen zu unseren Chancen, doch mit Verlaub, die Verwertung dieser war wirklich nicht kreisligareif. Nicht nur Marius, sondern auch Olla scheiterten und es schien so, als wollte der Ball nicht mehr rein.

Doch dann wurde aus dem „Fritz-Walter-Wetter“ endgültig das „Jannik-Willems-Wetter“. Wir bekamen einen Freistoß aus knapp 30 Metern, dem sich Kalli annahm. Der Ball prallt vom Pfosten ab, doch aus dem Hintergrund müsste Willems schießen – Willems schießt – Tooooor! Tooooor! Tooooor! Tooooor! Aus, aus, aus, aus. Das Spiel ist aus. Schillingen ist Derbysieger. Jannik, dir wird hiermit eine große Ehre zuteil: Wer es schafft, in seinem 9. Seniorenspiel den SV Kell bei solchem Wetter abzuschießen, der verdient nicht nur eine Menge Respekt, sondern in Anlehnung an einen der größten deutschen Fußballer auch den Spitznamen „Fritz“ verpasst (das trifft sich denke ich auch ganz gut, denn bis auf „em Didi seinen“, was zugegeben ein bisschen lang ist, ist mir bislang kein wirklicher Spitzname bekannt). Es war geschafft.

Wir hatten nicht nur den Sieg im so wichtigen Derby geholt, sondern damit auch die Tabellenführung verteidigt (bzw. durch die Züscher Punkteteilung bei unseren Freunden aus Gusenburg sogar gefestigt) und mit dem SV Kell sicherlich auch einen der Gegner im Aufstiegsrennen auf Distanz gehalten. Auch die 2. Mannschaft bleibt damit also ungeschlagener Spitzenreiter. Um diese Position weiter zu festigen ist nächste Woche gegen die SG Pellingen unbedingt ein weiterer Sieg möglich. Anpfiff auf der Schillinger Sportanlage ist dann wieder 12:30 Uhr. Wir freuen uns auf eine rege Zuschauerteilnahme!

Aufstellung:

Usen – Blackbeard, Nici, Rainer (26. Kappes), Steines – Joshi, Olla (69. Peda), Fritz (34. Rainer), Luca Toni, Wubbel – Marius

Tore:

1:1 – Fritz Walter (69. Minute)
1:2 – Fritz Walter (85. Minute)